Grüner Wasserstoff – der neue Jobmotor für Nordeuropa?


Die Corona-Krise hat nicht nur die Produktion und den Transport von Gütern in zahlreichen Branchen vorübergehend lahmgelegt, sondern auch weite Teile des Dienstleistungssektors in Mitleidenschaft gezogen. Um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, werden auf allen Ebenen Konjunkturpakete aufgelegt und die Verschuldung der öffentlichen Haushalte ausgeweitet. Sogar die EU plant, erstmals am Anleihemarkt Kredite aufzunehmen. Große Einigkeit herrscht darin, dass die enormen Geldsummen auch dazu verwendet werden müssen, um Zukunftstechnologien zu fördern. Nur so werden sich die Auswirkungen unseres wirtschaftlichen Handelns auf das Klima reduzieren lassen. Dabei rückt ein Element gleich aus zwei Gründen als interessanter Energieträger in den Fokus: Grüner Wasserstoff! Zum einen könnte damit im Mobilitätssektor der Brennstoffzelle als zweite umweltfreundliche Antriebstechnologie neben der Elektrobatterie zum Durchbruch verholfen werden. Zum anderen lässt sich beispielsweise per Windkraftanlagen gewonnene Energie chemisch in Form von Wasserstoff speichern.

Der Ausbau der Windenergie ist weltweit ins Stocken und in Deutschland förmlich zum Erliegen gekommen. Wenn die Bundesregierung ihr Ziel erreichen will, dass im Jahr 2030 tatsächlich 65 Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen kommen, dann reicht es nicht, einfach nur mehr Mittel in den Ausbau der Windkraftanlagen an Land und im Offshore-Bereich zu investieren. Vor allem müssen sich die im Durchschnitt über sechs Jahre schleppenden Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, die fehlende Stromtrasse von Nord- nach Süddeutschland errichtet und Speichermöglichkeiten für Energie aus Windkraft geschaffen werden – Stichwort auch hier: Wasserstoff! Der geplante Bau von Offshore-Windparks, die Strom gezielt für die Wasserelektrolyse und damit zur Gewinnung von Wasserstoff produzieren, könnte der Branche entscheidend helfen.

 

Welches Potential für die Unternehmen und Mitarbeiter der zuletzt ins Straucheln geratenen Branche in dieser Entwicklung stecken, ist mir bei einer Veranstaltung der NEW 4.0 (Norddeutsche Energie Wende) im Herbst 2019 bewusst geworden. Dort hielt unter anderem der Hamburger Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, der zuvor als Top-Manager bei Siemens tätig war, einen sehr motivierenden Vortrag zu diesem  Thema. Damit  sich der Bau solcher Offshore-Windparks zur Wasserstofferzeugung lohnt, benötigt man vor allem eine hohe Nachfrage nach Wasserstoff. Diese könnte künftig sowohl aus der Industrie als auch aus dem Mobilitätssektor kommen. Die Industrie benötigt eine zuverlässige Stromversorgung, die allein durch Solar- und Windenergie nicht gewährleistet werden kann. Hier wäre Wasserstoff ein sicherer Stromspeicher. Bei der Mobilität ist regenerativ erzeugter Wasserstoff eine saubere Alternative für Flugzeuge, Schiffe und Kraftfahrzeuge. Ob Lkw oder Autos, Fahrzeuge mit Brennstoffzellen werden in zunehmenden Stückzahlen produziert und damit für Unternehmen und Verbraucher bezahlbar. Bei der Reichweite lassen sie reine Elektrofahrzeuge weit hinter sich und bei den Verbrauchskosten können herkömmliche Fahrzeuge nicht mithalten. Neben einem ausreichenden Fahrzeugangebot bedarf es auch einer ausreichend großen Zahl an Wasserstofftankstellen. Hamburgs Wirtschaftssenator verfolgt deshalb das ehrgeizige Ziel, die Energiewirtschaft in ganz Nordeuropa miteinander zu vernetzen. Dabei setzt er stark auf Wasserstoff als den Energieträger der Zukunft.

Der Klimawandel bleibt auf der Agenda

Die Corona-Krise hat als akute weltweite Herausforderung das Thema Klimawandel und den notwendigen Umbau der Energiewirtschaft nur vorübergehend aus den Schlagzeilen verdrängt. Die Brisanz der damit verbundenen Probleme nimmt dadurch aber nicht ab. Strategisch müssen sich die Unternehmen daher jetzt personell wappnen, um von den Konjunkturpaketen profitieren zu können. 

  • Strategie überdenken
    Die wichtigste Frage, die sich Manager nicht nur in der Energiebranche derzeit stellen, lautet: Ist unser Unternehmen vom Leistungsportfolio auf die Zeit nach der Corona-Krise eingestellt? Unternehmen mit Bezug zur Energiewirtschaft müssen dabei den sich abzeichnenden Umbau der Branche verfolgen und sich entsprechend neu ausrichten? Nur wer jetzt die richtigen Maßnahmen ergreift und gegebenenfalls sich mit anderen zu Konsortien zusammenschließt, kommt bei den nächsten Ausschreibungen zum Zuge.
  • Skills anpassen
    Ist die neue Strategie verabschiedet, stellt sich die Frage, ob das Unternehmen die richtigen Leute an Bord und an den Schlüsselpositionen hat, damit die Strategie erfolgreich umgesetzt werden kann? Diese Fragen mit den Mitteln der Eignungsdiagnostik zu beantworten ist der Grund, warum Mercuri Urval vor mehr als 50 Jahren in Schweden gegründet wurde. Und dass wir heute ein weltweit agierendes Unternehmen sind macht deutlich, dass wir diese Fragen für unsere Kunden beantworten und ihnen überall behilflich sein können, wo sie uns benötigen.
  • Fehlende Skills entwickeln oder rekrutieren
    Wo der Abgleich von vorhandenen und für die Umsetzung der Strategie erforderlichen Skills Lücken aufgezeigt hat, besteht Handlungsbedarf. Im Idealfall können bereits vorhandene Fach- und Führungskräfte durch Personalentwicklung entsprechend geschult und gefördert werden. Parallel dazu können fehlende Talente auch durch Rekrutierung gewonnen werden. In unserer Artikelserie „Way Ahead“ von Richard Moore, CEO und Partner bei Mercuri Urval, finden Sie wertvolle Einblicke, welche Art von Managern Sie in der Post-Corona-Welt benötigen.

Restart mit Wasserkraft

Die Energiewende wird in absehbarer Zeit auch in Deutschland wieder an Fahrt aufnehmen. Bereits heute kann Solarenergie zu Marktpreisen erzeugt werden, bei der Windkraft soll in fünf Jahren ebenfalls ein Offshore-Windpark ans Netz gehen, der ohne Subventionen auskommt. Ob die mit Windkraft erzeugte Energie am Ende in Form von Strom oder Wasserstoff genutzt wird, ist für die Anlagenbauer zweitrangig. Weder die batteriebasierte Elektromobilität noch die mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen werden sich ohne Windkraft am Markt durchsetzen. Höchstwahrscheinlich ist es auch keine Frage des Entweder-oder, sondern eine des Sowohl-als-auch. Denn beide Technologien bieten Vorteile, die je nach Einsatzgebiet besonders zum Tragen kommen. Für Windkraftanlagenhersteller die jetzt die Weichen richtig stellen, könnten nach der Krise goldene Zeiten anbrechen, denn der weltweite Bedarf an Energie bleibt hoch, der an erneuerbarer Energie noch höher.