Besser als Münzwurf oder Losentscheid

  • Leader Selection Science

By Dr. Ralf Biele

Die enormen Preisschwankungen auf den Energiemärkten wirken sich unmittelbar auf die Ertragssituation vieler Stadtwerke aus. Doch deren Gewinne sind für viele Kommunen unverzichtbar. Höhere Anforderungen beschleunigen das Personalkarussell in den Geschäftsführungen. Auch wenn gute Führungskräfte rar sind, dürfen die Personalentscheidungen nicht riskant sein. Eine Konzentration auf die Erfolgsfaktoren der Position und eine wissenschaftlich fundierte Auswahl können helfen.

Es ist und bleibt eine Horrorbilanz: Über alle Branchen hinweg betrachtet, scheitern viel zu viele neu berufene Geschäftsführer und Vorstände. Selbst der Branchenverband der Executive Search Beratungen geht davon aus, dass fast jeder zweite Manager nach spätestens 18 Monaten nicht mehr auf seinem neuen Posten ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand intern befördert oder von außen rekrutiert wurde. Das sollte die Personalentscheider in den Kommunen alarmieren, die gerade auf der Suche nach einem neuen Geschäftsführer für ihre Stadtwerke sind. Ob der oder die Neue den gewünschten Erfolg bringt, ist offensichtlich so sicher wie die Wahl zwischen Kopf oder Zahl bei einem Münzwurf: 50%.

Das ist nicht gerade beruhigend. Schließlich sind viele Städte und Gemeinden auf den Erfolg des Managements ihres Energieversorgers angewiesen, um damit andere kommunale Aufgabe zu finanzieren. Einige Städte mussten im vergangenen Jahr stattdessen sogar die Verluste ihrer Stadtwerke ausgleichen, nachdem sich die Geschäftsführer beim Einkauf von Strom und Gas verkalkuliert hatten. Kein Wunder also, wenn sich das Personalkarussell schneller dreht.

Die Preisschwankungen auf den Energiemärkten sind aber nicht der einzige Grund dafür, warum die Anforderungen an die Geschäftsführung kommunaler Unternehmen gestiegen ist. Mit dem Fachkräftemangel und der Digitalisierung bestehen zwei weitere Herausforderungen, die neben dem operativen Geschäft gemeistert werden müssen. Da viele Kandidaten sich heute doppelt überlegen, ob sie eine sichere Anstellung gegen einen potenziellen Schleudersitz eintauschen wollen, ist der Markt an geeigneten Persönlichkeiten überschaubar. Durch den anstehenden Generationswechsel, insbesondere in Mitteldeutschland, verschärft sich die Auswahlsituation umso mehr. Und der eine oder andere Kandidat hat bei der Vergütung Vorstellungen, die den Rahmen einer Kommune sprengen. Wenn die dann auch noch das Pech hat, in einer für Bewerber weniger attraktiven Region zu liegen, wird es hart.

Die Kosten von Fehlentscheidungen wiegen schwer

Vom enger werdenden Markt an Führungskräften einmal abgesehen, spricht noch etwas für ein professionelles Vorgehen bei deren Suche und Auswahl: die enormen Kosten einer Fehlentscheidung. Wer den Aufwand für die Einstellung, die Vergütung während der Anstellung, die Investitionen in die Führungskraft, deren Abfindung bei Vertragsauflösung und die Kosten für die Suche nach einer neuen Führungskraft addiert, kommt schnell auf das Dreifache des geplanten Jahresgehalts.

Noch schwerer wiegen die durch eine inkompetente Führung verursachten zusätzlichen Personalkosten und Produktivitätsverluste. Schlechte Führung senkt nämlich die Motivation der Angestellten und erhöht die Fluktuation auf allen Ebenen. Wirtschaftsforscher geben die menschlichen Kosten einer schlechten Führungskraft mit mindestens dem sechsfachen ihres Jahresgehalts an. Ebenfalls hoch, aber schwer zu beziffern sind der Markt- und Ansehensverlust, den falsche Entscheidungen verursachen. Ökonomen machen rund 45 Prozent des Markenwerts eines Unternehmens an ihren Führungskräften fest. Die wahren Kosten einer fehlgeschlagenen Rekrutierung können unter dem Strich das bis zu dreißigfache ihrer Jahresvergütung betragen. Bei einem Geschäftsführer mit 140.000 Euro Jahresgehalt entspricht das einem Schaden von 4,2 Millionen Euro.

Umgekehrt tragen leistungsstarke Führungskräfte erheblich zum Gewinn ihres Unternehmens bei, weil sie Mitarbeiter motivieren und fördern, Chancen frühzeitig erkennen und eben die richtigen Entscheidungen treffen. Doch was tun, wenn die Erfolgschance, eine gute Führungskraft zu erwischen, nur der eines Münzwurfs gleicht, aber die Kosten für eine Fehlinvestition in die Millionen geht? Wäre es da nicht sinnvoll, Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko zu verringern?

Die vier häufigsten Fehler von Headhuntern

Der Gedanke, einen professionellen Headhunter zu kontaktieren, liegt nahe. Doch deren konventionellen Executive Search-Methoden haben vier Schwachstellen: Erstens verfügen Headhunter meist nur über einen begrenzten Pool an Kandidaten, die sie persönlich kennen und beurteilen können. Das reicht bis zu der Aussage eines ehemaligen Headhunters, der ernsthaft versicherte, dass nur die Personen in seinem Adressverzeichnis zum Vorstand taugten.

Die zweite Falle lauert in der persönlichen Bewertung und Auswahl anhand vergangener Leistungen. Alte Lorbeeren sind jedoch keine Erfolgsgarantie, erst recht nicht auf sich rasch verändernden Märkten. Im Gegenteil: Die Methoden, mit denen ein Geschäftsführer auf einem bestimmten Markt früher erfolgreich war, können in der neuen Situation kontraproduktiv wirken. Hinzu kommt, dass der Blick in den Rückspiegel ein entscheidendes Erfolgskriterium ausblendet: Das Potenzial einer Person, einer Aufgabe gewachsen zu sein, mit der sie bisher noch nicht konfrontiert war.

Der dritte Fehler liegt in stereotypischen Vorstellungen von gutem Management. Ob die Persönlichkeit einer Führungskraft einem Unternehmen weiterhilft oder nicht, hängt auch von ihrer Aufgabe und der jeweiligen Unternehmenssituation ab: In welcher Phase der Unternehmensentwicklung, in welchem Marktumfeld und unter welchen Chancen oder Risiken muss sich eine Person bewähren?

Eine vierte Fehlerquelle besteht in der Subjektivität des menschlichen Urteils. Der amerikanische Psychologe Daniel Kahnemann beschreibt in seinem lesenswerten Buch „Noise“, welche Faktoren unsere Entscheidungen verzerren. Diese werden gemeinhin als Lärm bezeichnet. Kahnemann schreibt, dass die Ergebnisse von Auswahlgesprächen oft mehr vom Fragesteller abhängen als vom Kandidaten, der bewertet werden soll. Das gilt auch bei der Auswahl von Geschäftsführern für Stadtwerke und andere städtisch Beteiligungsgesellschaften: jedwede Voreingenommenheit, Stereotypisierung oder Unwissenheit ist ein subjektiver und damit das Urteil verzerrender Faktor.

Mit Leader Selection Science zur richtigen Wahl

Die gute Nachricht an dieser Stelle lautet, dass es sehr wohl eine evidenzbasierte Bewertung gibt, mit der die oben genannten Fehlerquellen deutlich reduziert werden können. Denn genau an diesem Punkt setzt ein gutstrukturierter und durch wissenschaftliche Methoden abgesicherter Auswahlprozess an. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, den zum Unternehmen und zur Aufgabe passenden Geschäftsführer oder Vorstand zu finden, erheblich.

Der erste Schritt auf diesem Weg ist die klare Analyse, was von der gesuchten Person überhaupt erwartet wird. Dafür müssen drei Fragen beantwortet werden:

  1. Welche Ergebnisse erwartet das Unternehmen von seinem Geschäftsführer oder Vorstand?
  2. Wie sind die Ausgangssituation und die Rahmenbedingungen, unter denen die Führungskraft ihre Leistung erbringen muss?
  3. Welche Aufgaben muss sie unbedingt erfolgreich erfüllen?

Die Antworten auf diese drei Fragen bilden die Grundlage für die Suche nach dem besten Kandidaten oder der besten Kandidatin. Eine gute Beraterin oder Berater setzt sich aber auch mit dem Auftraggeber auseinander, wenn A, B und C kein stimmiges Bild ergeben.

Im zweiten Schritt werden die möglichen Kandidaten mithilfe von erprobten wissenschaftlichen Assessment Methoden dahingehend geprüft, ob ihre Persönlichkeit, Fähigkeiten, Motivation und Skills dem Anforderungsprofil entsprechen. Je größer die Übereinstimmungen, desto kleiner der Kompromiss und umso eher ist die Person in der Lage, den Anforderungen gewachsen und auf der Position erfolgreich zu sein.

Jahrelange Erfahrung zeigt, dass die Stellenbesetzung mit einem strukturierten und wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren die Erfolgswahrscheinlichkeit auf mehr als 90 Prozent erhöht. Wer würde sich da noch auf den Münzwurf verlassen wollen?