Auf einer Veranstaltung von Mercuri Urval gemeinsam mit der Schwedischen Botschafterin und Zukunft.Frauen in Wien ging es am 13. Oktober 2022 um Diversity, die Förderung von Frauen in Führungspositionen und was die österreichische Wirtschaft vom schwedischen Modell lernen kann.
„Is this another manel?“, fragte Annika Markovic, Schwedens Botschafterin in Österreich, gleich zu Beginn der Diskussion. Hinter ihrer Wortschöpfung, die sich aus „Panel“ und „Mann“ zusammensetzt, verbirgt sich berechtigte Kritik. Denn in Österreichs Unternehmen haben oft noch ausschließlich Männer das Sagen. So ist Markovic in Diskussionsrunden, zu denen sie oft eingeladen wird, oft die einzige Frau.
Mehr Frauen in Führungspositionen und damit auch in Diskussionsrunden zu bringen, hat sich die zweite Teilnehmerin des Abends auf die Fahnen geschrieben. Sylvia Vana ist Abteilungsleiterin für Ansiedlungen und Unternehmensservice im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Und sie repräsentierte die Initiative „Zukunft.Frauen“, die das Ministerium gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich und der Industriellenvereinigung 2010 ins Leben gerufen hat. Dieses Führungskräfteprogramm für Frauen soll dazu beitragen, durch die qualifizierte Ausbildung von potentiellen Kandidatinnen den Frauenanteil in Aufsichtsrats- und Managementpositionen zu erhöhen. Moderiert wurde die Runde von Doris Hofmeister, Partner & Director International Business bei Mercuri Urval. Sie hat selbst das Programm „Zukunft.Frauen“ 2022 abgeschlossen und brachte zudem ihre langjährige Expertise bei der Auswahl von Führungskräften ein.
In ihrem Vergleich mit Schweden und anderen OECD-Ländern zeigte Annika Markovic auf, wo Österreich bereits gut ist und wo es noch besser werden kann. So ist der Frauenanteil an allen Arbeitskräften in Schweden mit 70 Prozent wesentlich höher als in Österreich, wo er nur 55 Prozent beträgt. Der Anteil an Teilzeitkräften ist bei Frauen in Schweden dagegen 20 Prozent niedriger als in Österreich. Dementsprechend haben in Schweden auch mehr Managerinnen Führungspositionen inne als in Österreich. Während jeweils etwas mehr als ein Drittel aller Aufsichtsratsposten in beiden Ländern mit Frauen besetzt sind, zeigen sich bei Managementpositionen große Unterschiede: In Schweden ist jede vierte von einer Frau besetzt, in Österreich nur etwas mehr als jede zwölfte. Beim Gender Diversity Index klafft ebenfalls eine Lücke: Schweden belegt Rang 5, Österreich dagegen nur Rang 15 von 19 Ländern.
Um die Position von Frauen zu verbessern, gehen beide Länder unterschiedliche Wege: In Österreich sieht das Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat seit 2018 eine verpflichtende Frauenquote von 30 Prozent für Aufsichtsräte sämtlicher börsennotierter Unternehmen sowie zusätzlich für Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten vor. Schweden empfiehlt dagegen lediglich eine freiwillige Zielquote von 40 Prozent und begründet das mit dem sogenannten Golden-Skirts-Effekt. Aus Mangel an geeigneten Kandidatinnen würde eine kleine Gruppe Frauen zahlreiche Aufsichtsratspositionen auf sich vereinigen. Die Qualifizierung von Frauen für Aufsichtsrats- und Managementpositionen, wie sie die Initiative „Zukunft.Frauen“ anstrebt, ist für Sylvia Vana deshalb ein wichtiges Signal, um dem Argument, es gäbe zu wenig Frauen, entgegen zu treten.
Von staatlicher Seite gehören eine Familienfreundliche Politik mit großzügigen Fristen für Elternzeit sowie flexible Arbeitszeiten zu den wichtigsten Bausteinen, damit Frauen nicht länger zwischen Familie und Karriere entscheiden müssen. Auf Unternehmensseite ist es vor allem die Führungskultur, die in Schweden als weiblicher, egalitärer und einvernehmlicher gilt. Deshalb ist es für Doris Hofmeister eine Aufgabe des Managements, die Rahmenbedingungen im Unternehmen so zu gestalten, dass Frauen besser vorankommen.
Nach Ansicht von Sylvia Vana sollten Unternehmen einen Frauenförderungsplan erstellen und Frauen als Rollenvorbilder auf allen Ebenen des Unternehmens einsetzen. Doris Hofmeister rät Frauen zudem, sich besser zu vernetzen und die eigene Komfortzone zu verlassen. Denn wer führen will, muss seine Meinung klar vertreten und sichtbar sein. Das fällt Frauen immer noch schwerer als Männern.
In einem Punkt waren sich alle drei Teilnehmerinnen einig: Mehr Diversity im Sinne von Geschlecht, Nationalität und unterschiedlichen Erfahrungsschätzen macht Unternehmen erfolgreicher. Doch wenn es um die Besetzung einzelner Positionen geht, bleibt für Doris Hofmeister ein wissenschaftlich fundierter Auswahlprozess unerlässlich. Denn nicht die Erfüllung einer Quote, sondern die für die jeweilige Position passende Persönlichkeit, die definierte Anforderungen erfüllt und Kompetenzen mitbringt, entscheidet über den Erfolg von Unternehmen. Mit der gezielten Förderung von Frauen wird Annika Markovic ihre Frage nach dem „manel“ bald auch in Österreich nicht mehr stellen müssen.